28.09.2022 – Kategorie: Produktion
Synthetisches Kerosin: Auf dem Weg zum CO₂-neutralen Fliegen

Mit dem Flugzeug reisen – und trotzdem kein zusätzliches CO2 ausstoßen. Möglich wäre das mit synthetischen Treibstoffen, die mittels erneuerbarer Energien aus Wasser und Umgebungsluft gewonnen werden. Allerdings müssten enorme Mengen produziert werden. Ein neues Herstellungsverfahren aus dem Forschungsprojekt KEROGREEN nutzt eine innovative Plasmatechnologie, mit der dies gelingen könnte. Eine erste Anlage haben die Forschungspartner am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) errichtet.
Den Luftverkehr CO2-neutral zu organisieren ist eine große Herausforderung. „Batterien, Wasserstoff und Hybridlösungen sind aufgrund ihrer geringen Energiedichte ungeeignet“, sagt Professor Peter Pfeifer vom Institut für Mikroverfahrenstechnik des KIT und einer der Sprecher des Forschungsprojekts KEROGREEN. Biokraftstoffe wiederum stehen aufgrund der benötigten Anbauflächen in Konkurrenz mit der Nahrungsmittelproduktion und dem Naturraum. Um das CO2-neutrale Fliegen trotzdem zu ermöglichen, haben Pfeifer und die beteiligten Partner von KEROGREEN einen weiteren Weg erforscht. Und zwar den Weg um Kerosin aus Luft und Wasser zu gewinnen. Mit erneuerbarer Energie und CO2 direkt aus der Atmosphäre, entsteht dabei ein geschlossener Kohlenstoffkreislauf. Wir können die bestehende Infrastruktur für die Lagerung, den Transport, die Betankung der Flugzeuge und vor allem die Triebwerkstechnik weiternutzen. Darüber hinaus würde grünes synthetisches Kerosin keinen Schwefel sowie weniger Ruß und Stickstoffoxide (NOx) emittieren.
Um den Treibstoff in ausreichendem Maß herstellen zu können, haben die Partner im EU-Projekt KEROGREEN in viereinhalb Jahren ein skalierbares Verfahren entwickelt. Dieses basiert auf einer neuen Plasmatechnologie und passt in ein Containermodul. Die Arbeiten hat das Dutch Institute for Fundamental Energy Research (DIFFER) in Eindhoven koordiniert. Die Forschungsanlage ist dann am KIT entstanden. Die Technologie befindet sich damit in der letzten Phase der Systemintegration, in der die einzelnen Elemente bereits zu einer geschlossenen Einheit verbunden sind, sich aber noch auf einem unterschiedlichen Entwicklungsstand befinden. „Das neue Herstellungsverfahren ist besonders ressourcenschonend, weil keine seltenen Rohstoffe zur Verwendung kommen“, so Pfeifer.
Synthetisches Kerosin: Innovative Plasmatechnologie zur CO2-Spaltung
Der Prozess basiert im Wesentlichen auf drei Schritten. Das CO2 aus der Umgebungsluft lässt sich zunächst in einen Reaktor führen, in dem es durch ein mit Mikrowellenstrahlung erzeugtem Plasma in Kohlenmonoxid (CO) und Sauerstoff zerlegt wird. Anschließend lässt sich der Sauerstoff entfernen, während sich das CO in einem zweiten Reaktor zu Teilen mittels Wassergas-Shift-Reaktion in Wasserstoff umwandeln lässt. Dieser Wasserstoff und das verbleibende CO (auch Synthesegas genannt) lässt sich in einem dritten Reaktor mittels Fischer-Tropsch-Synthese in Kohlenwasserstoffe umwandeln. Hochmolekulare Kohlenwasserstoffe, die nicht für die Produktion von Kerosin verwendet werden können, werden in der Anlage prozessintern gespalten. Das finale Produkt ist der Grundbestandteil der im Flugverkehr üblichen Kraftstoffe. Dieses Rohmaterial lässt sich anschließend zum erwünschten Kerosin veredeln oder auch direkt als Energiespeicher lagern.
Ideal für den dezentralen Einsatz mit erneuerbaren Energien
Mit der Plasmatechnologie wären nach Erkenntnissen der Forschenden Anlagen bis in den Megawattbereich möglich. Sie eignen sich aber auch für den Einsatz in kleinen, dezentralen Produktionsanlagen im Containerformat. „Zukünftige Anlagen sind dann modular und skalierbar und lassen sich deshalb einfach in einen Offshore-Windpark oder in einen Solarpark in der Wüste integrieren“, sagt Pfeifer. Wenn dann Wind oder Sonne mal nicht vorhanden sind, würde sich der Plasmareaktor vorübergehend ausschalten. Sobald Energie wieder vorhanden ist fährt der Reaktor hoch. Die Ergebnisse werden nun sorgsam analysiert und insbesondere von den industriellen Partnern bereits für die Umsetzung von einzelnen Prozessschritten genutzt.
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