29.07.2021 – Kategorie: Produktion

Produktionssysteme: Automatisieren hilft Krankheiten zu heilen

ProduktionssystemeQuelle: Universitätsklinikum Heidelberg

Das Robert-Bosch-Krankenhaus Stuttgart, das Universitätsklinikum Heidelberg und der Geschäftsbereich Pharma des Schwäbisch Haller Sondermaschinenbauers Optima haben Ende 2020 ein Innovationsprojekt mit dem Namen „ProCell for Patient“ gestartet. Das Ziel der strategischen Partnerschaft ist die Entwicklung eines Produktionssystems für CAR-T-Zelltherapeutika.

Über 430.000 Menschen weltweit erhalten jährlich die Diagnose Leukämie. Weitere 500.000 erkranken weltweit an Non-Hodgkin- Lymphomen. Darunter sind Formen, bei denen Chemotherapie sowie Stammzellspende versagen. „Rund ein Viertel dieser vortherapierten Patienten können von einer Therapie mit CAR-T-Zellen profitieren“, sagt Prof. Dr. med. Michael Schmitt, der als Koryphäe für zelluläre Immuntherapie gilt. Er leitet die GMP-Core-Facility am Universitätsklinikum Heidelberg (UKHD). Dort werden T-Zellen gentechnisch verändert. „Wir modifizieren die Zellen so, dass sie anschließend als sogenannte Killerzellen Krebszellen angreifen können“, erläutert Prof. Schmitt.

Dezentrale Herstellung in Kliniken und Industrie möglich

Weltweit wurden seit 2017 bereits fünf CAR-T-Zellprodukte zugelassen: Kymriah (Novartis), Yescarta und Tecartus (beide Kite/Gilead) sowie erst letztlich Breyanzi (BMS) und Abecma (bluebird bio & BMS). Rund 1.200 weitere Zell- und Gentherapien befinden sich in der klinischen Pipeline. Mehrere Tausend Patienten könnten jährlich von dieser Behandlung profitieren. Inzwischen besitzen bereits viele Universitätskliniken das Know-how in der Herstellung von CAR-T-Zelltherapeutika, allerdings sind hier die Herstellprozesse aus der Forschung abgeleitet und daher sehr individuell und manuell. Die damit verbundene Logistik und die Herstellung in Reinräumen der Klasse A/B verursachen deshalb einen hohen Zeit- und Kostenaufwand. Eine standardisierte sowie automatisierte Herstellung an diesen Kliniken würde zu einer deutlichen Verbesserung der Patientenversorgung führen.

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Das Stuttgart-Heidelberger ProCell-for-Patient-Modell sieht vor, dass wesentliche Schritte (blau) der Herstellung von Zelltherapeutika vollautomatisch in einem Isolator ablaufen. Der Prototyp wird im Robert-Bosch-Krankenhaus, Stuttgart, installiert.

Qualitäts-, Kosten- und Zeitvorteile bei der Herstellung

Im Rahmen des Projekts „ProCell for Patient“ entwickeln deshalb das UKHD und das Robert-Bosch-Krankenhaus in Stuttgart (RBK) zusammen mit Optima Pharma eine Einheit für die dezentrale, automatisierte Produktion in Behandlungszentren, die am RBK zum Einsatz kommen soll. „Die Automatisierung der CAR-T-Zelltherapeutika-Produktionssysteme ist längst überfällig. Nicht nur aus Kosten- und Qualitätsgründen. Sie wird künftig den Innovationsprozess erleichtern“, sagt Prof. Dr. Walter E. Aulitzky, Chefarzt der Abteilung Onkologie, Hämatologie sowie Palliativmedizin am RBK.

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Die Produktionseinheit wird auf Isolator-Technologie basieren und die Prozesssicherheit und damit die Qualität der Therapeutika erheblich erhöhen.

Produktionssysteme: Arbeitsaufwand lässt sich halbieren

„Der Arbeitsaufwand, also die Stundenzahl, die qualifiziertes Personal heute mit der Herstellung von CAR-T-Zellen beschäftigt ist, wird sich mit Hilfe der ProCell-for-Patient-Anlage um mindestens 50 Prozent reduzieren lassen“, ergänzt Dr. Andrea Traube, die das Projekt bei Optima Pharma leitet. Sie verantwortet den Bereich Market Development mit dem Schwerpunkt Entwicklung von Systemlösungen für Zell- sowie Gentherapeutika. Der Prototyp der ProCell-for-Patient-Anlage soll im Sommer 2022 am RBK installiert werden. Optima Pharma hatte bereits im Rahmen eines Vorgängerprojekts mit der Charité Berlin erste Schritte in die Richtung geeigneter Produktionssysteme gemacht. Nach Testung und klinischen Studien ist der Rollout auf weitere Behandlungszentren sowie pharmazeutische Vertragsentwickler und -hersteller (CDMOs/CMOs) angedacht. Kliniken, die dezentral an der Herstellung beteiligt sind, können dann künftig an der Optimierung oder Entwicklung neuer Zelltherapien mitwirken.

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Univ.-Prof. Dr. med. Michael Schmitt leitet die GMP-Core-Facility am Universitätsklinikum Heidelberg.
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Prof. Dr. Walter E. Aulitzky ist Chefarzt der Abteilung Onkologie, Hämatologie und Palliativmedizin am Robert-Bosch-Krankenhaus in Stuttgart.

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