20.07.2022 – Kategorie: Produktion

Mikroverunreinigungen im Abwasser: Wie der Kampf gegen die Schadstoffe gelingt

Mikroverunreinigungen im Abwasser: Wie der Kampf gegen die Schadstoffe gelingtQuelle: Ivan Bandura-Unsplash

Täglich gelangen Mikroverunreinigungen in die Seen, Flüsse und Bäche der Welt. Viele herkömmliche Kläranlagen sind noch nicht in der Lage, diese potenziell gefährlichen chemischen Rückstände aus dem Abwasser zu entfernen. Eden Tech, ein französisches Deeptech-Unternehmen, entwickelt mit Multiphysik-Simulationen kompakte Geräte, die das können.

Eden Tech ist einem Unternehmen, das sich auf die Entwicklung von Mikrofluidik-Technologie spezialisiert hat. In ihrer F&E-Abteilung Eden Cleantech entwickeln sie ein kompaktes, energiesparendes Wasseraufbereitungssystem, das dazu beitragen soll, die zunehmende Ausbreitung von Mikroverunreinigungen im Abwasser zu bekämpfen. Um die Leistung ihres AKVO-Systems (benannt nach dem lateinischen Wort für Wasser, aqua), das aus CDs besteht, zu analysieren, nutzte Eden Tech die Multiphysik-Simulation.

Neu auftretende Schadstoffe

„Es gibt viele Möglichkeiten, wie Mikroverunreinigungen in das Abwasser gelangen“, sagt Wei Zhao, leitender Chemieingenieur und Chief Product Officer bei Eden Tech. Körperpflegeprodukte, Reinigungsmittel, oder Medikamente landen in der Kanalisation und einige dieser Chemikalien werden als Mikroverunreinigungen oder kritische Schadstoffe eingestuft. Neben Haushaltsabfällen sind auch Verschmutzungen aus der Landwirtschaft und Industrieabfälle für den Anstieg der Mikroverunreinigungen in unseren Gewässern verantwortlich.

Leider sind viele konventionelle Kläranlagen nicht dafür ausgelegt, diese Schadstoffe zu entfernen und so gelangen sie in unsere Gewässer und ins Trinkwasser. Auch wenn noch nicht vollständig bekannt ist, welches Risiko sie für die Gesundheit von Menschen und Umwelt darstellen, gibt die zunehmende Verschmutzung der Gewässer weltweit Anlass zur Sorge.

Vor dem Hintergrund dieses wachsenden Problems machte sich Eden Tech an die Entwicklung einer Lösung, und so wurde AKVO geboren. Auf jede AKVO-CD ist ein Mikrokanalnetz eingraviert, eine AKVO-Kartusche besteht aus gestapelten CDs unterschiedlicher Anzahl, die zu einer miniaturisierten Fabrik kombiniert werden. Ein AKVO-Kern behandelt 0,5 bis 2 m3 Wasser pro Tag, was bedeutet, dass ein AKVO-System, das aus 10.000 CDs besteht, den durchschnittlichen kommunalen Bedarf abdecken kann.

Mikroverunreinigungen
Ein Teil der Geometrie der Mikrokanalnetze von AKVO.

Im Kampf gegen Mikroverunreinigungen – Eine nachhaltige Methode der Abwasserbehandlung

Ein AKVO-System entfernt Mikroverunreinigungen, indem es das Wasser in seinen Mikrokanalnetzen zirkulieren lässt. Dies ist energiesparend, da sie nur eine kleine Pumpe benötigen, um große Wassermengen umzuwälzen und zu reinigen. Die Kartuschen des AKVO-Systems können leicht ausgetauscht werden, und Eden Tech kümmert sich um ihr Recycling.

Das revolutionäre Design von AKVO kombiniert Photokatalyse sowie Mikrofluidik in einem kompakten System, eine bisher einzigartige Kombination für die Abwasserbehandlung. „Es ist ein sehr ehrgeiziges Projekt“, sagt Zhao. „Wir wollten eine innovative Methode entwickeln, um eine umweltfreundliche und effiziente Art der Abwasserbehandlung zu ermöglichen.“

Designherausforderungen meistern

Bei der Anwendung werden ein chemischer Wirkstoff (Katalysator) und das Abwasser durch die Mikrokanalwände von AKVO dispergiert. Der Zweck des Katalysators, in diesem Fall Titandioxid, ist es, mit den Mikroverunreinigungen zu reagieren und dazu beizutragen, sie im Prozess zu entfernen. Die schnelle Fließgeschwindigkeit von AKVO erschwert diesen Vorgang jedoch. „Das große Problem ist, dass [AKVO] über Mikrokanäle mit schnellen Durchflussraten verfügt, und wenn wir den chemischen Wirkstoff in eine der Kanalwände einbringen, können die Mikroverunreinigungen im Abwasser manchmal nicht effizient mit dem Wirkstoff reagieren“, erläuterte Zhao. Um die Kontaktmöglichkeiten zwischen den Mikroverunreinigungen und dem immobilisierten chemischen Wirkstoff zu erhöhen, entschieden sich Zhao und sein Team für die Verwendung eines gestaffelten Fischgräten-Mikromischers (staggered herringbone micromixer, kurz: SHM) für das Design der AKVO-Mikrokanäle (Abbildung 1).

Zhao nutzte die Software Comsol Multiphysics®, um die Leistung des SHM-Designs zur Unterstützung chemischer Reaktionen für den Abbau von Mikroverunreinigungen zu analysieren.

Mikroverunreinigungen
In COMSOL Multiphysics® verwendete Zhao die Interfaces Chemistry, Transport of Diluted Species, Laminar Flow sowie Reacting Flow, Diluted Species.

Simulation chemischer Reaktionen für den Abbau von Mikroverunreinigungen

In seiner Arbeit erstellte Zhao zwei verschiedene Modelle in Comsol Multiphysics® (Abbildung 2): das Explicit Surface Adsorption (ESA)-Modell und das Converted Surface Concentration (CSC)-Modell. Diese beiden Modelle berücksichtigen chemische und fluidtechnische Phänomene.

In beiden Modellen erzeugt die SHM-Struktur Wirbel in der Strömung, wodurch die Mikroverunreinigungen und der chemische Wirkstoff eine längere Reaktionszeit haben und der Stoffaustausch zwischen den einzelnen Flüssigkeitsschichten verbessert wird. Die Ergebnisse des ESA-Modells zeigten jedoch, dass das Design nur etwa 50 % der zu behandelnden Mikroverunreinigungen beseitigte, weniger als Zhao erwartet hatte.

Im Gegensatz zum ESA-Modell wird beim CSC-Modell davon ausgegangen, dass es keine Adsorptionsbeschränkung gibt. Sobald ein Schadstoff auf die Oberfläche eines Katalysators trifft, findet eine Reaktion statt, was in der Literatur bereits diskutiert wurde (siehe Ref. 1). In diesem Modell analysierte Zhao, wie das Design für den Abbau von sechs verschiedenen Mikroverunreinigungen funktionierte, darunter Gemfibrozil, Ciprofloxacin, Carbamazepin, Clofibrinsäure, Bisphenol A und Acetaminophen. Die Ergebnisse dieses Modells entsprachen den Erwartungen von Zhao, denn mehr als 95 % der Mikroverunreinigungen wurden behandelt.

AKVO-System und seine Komponenten.

„Wir sind sehr zufrieden mit den Ergebnissen von Comsol Multiphysics. Meine nächsten Schritte werden sich auf Labortests [des AKVO-Prototyps] konzentrieren“, sagte Zhao. Der Prototyp soll künftig in Krankenhäusern und Wasseraufbereitungsanlagen in Südfrankreich getestet werden.

Effizienter entwickeln, Kosten senken

Der Einsatz der Simulation für dieses Projekt hat dem Eden Tech-Team geholfen, Zeit und Geld zu sparen. Die Entwicklung eines Prototyps für ein Mikrofluidik-System wie AKVO ist kostspielig. Um Mikrokanalnetzwerke auf jede der 4-Zoll-CDs von AKVO aufzudrucken, wird eine Mikrokanal-Fotomaske benötigt. Laut Zhao würde die Herstellung einer Fotomaske etwa 3000 € kosten. Daher ist es sehr wichtig, dass sie sich vor der Herstellung vergewissern, dass ihr System gut funktioniert. „Comsol Multiphysics hat uns wirklich geholfen, unsere Modelle und Entwürfe zu validieren“, so Zhao.

Mikroverunreinigungen
Bild: Comsol

Die Autorin Rachel Keatley ist Content Writer bei Comsol.


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