03.11.2020 – Kategorie: Digitalisierung
Echtzeit-Informationen austauschen: Wie das die digitale Transformation voranbringt

Wie Unternehmen digitale Kontinuität über sämtliche Phasen des Anlagenlebenszyklus erreichen können und welche Rolle Plattformlösungen auf diesem Weg spielen, erklärt Dr. Barbara Holtz, Industry Business Consultant bei Dassault Systèmes.
Die digitale Transformation und die Möglichkeit, Echtzeit-Informationen auszutauschen ermöglicht es Unternehmen, im Bereich der Verfahrenstechnik ein neues Level an operativer Effizienz, Qualität, Prozessautomatisierung und Mitarbeiterproduktivität zu erreichen.
Welche Hindernisse bremsen die Umsetzung noch? Und wie lassen sich diese Hürden abbauen?
Dr. Barbara Holtz: Ein wichtiges Stichwort ist der digitale Reifegrad: Viele Unternehmen aus der Prozessindustrie arbeiten heute zumindest teilweise noch auf Papier und drucken Prozessdiagramme in 2D aus. Bevor von einer digitalen Transformation die Rede ist, müssen diese Firmen ihre Daten deshalb im ersten Schritt elektronisch erfassen. Im Anschluss geht es darum, die Systeme zu schaffen, mit deren Hilfe die sehr komplexen Prozessdaten digital abgebildet und verarbeitet werden können – sei es aus dem Bereich Chemie oder Biologie. Eine weitere Hürde lässt sich vor allem in der Pharmaindustrie beobachten: Bei dem Begriff digitale Transformation begegnen wir häufig noch einer gewissen Scheu vor dem Unbekannten.
Dies liegt darin begründet, dass bei jeder Änderung im Prozess strenge regulatorische Auflagen für die Zulassung der Produkte erfüllt werden müssen, um höchste Qualität zu gewährleisten. Darüber hinaus gilt es insbesondere in der Chemieindustrie, enorm viele Parteien in den Digitalisierungsprozess einzubeziehen, da es sich um kollaborative Projekte handelt und nicht nur ein Unternehmen für den Lebenszyklus der Anlagen verantwortlich ist.
Die genannten Hindernisse lassen sich nicht in einem Tag bewältigen – dies muss schrittweise und strategisch erfolgen, um die Digitalisierung erfolgreich zu meistern. Zuerst sollte klar sein, welche Daten digitalisiert werden sollen und welche Ziele verfolgt werden. Nur so lässt sich sicherstellen, dass der Einsatz von Technologie nicht dem reinen Selbstzweck dient, sondern die Digitalisierung einen Mehrwert für die Geschäftsprozesse und alle Beteiligten schaffen kann.
Welche Herausforderungen sehen Sie bei Unternehmen der Life-Sciences- und Healthcare-Industrie, um eine digitale Kontinuität über sämtliche Phasen des Anlagenlebenszyklus umzusetzen?
Dr. Barbara Holtz: Bei der Digitalisierung innerhalb von Unternehmen aus der Life Sciences- und Healthcare-Industrie liegt der Fokus hauptsächlich auf der Entwicklung und Umsetzung neuer, oft auch personalisierter Geschäftsmodelle. Bestehende Anlagen besitzen in diesem Szenario einen geringeren Stellenwert. Allerdings ändert sich das aktuell, da kleinere Chargen produziert werden müssen und sich damit Ineffizienz schnell aufaddiert. Auch die schon genannte starke Vernetzung in der Industrie erfordert es, Echtzeit-Informationen auszutauschen – dabei können digitale Technologien ideal unterstützen.
Auf welche Dinge sollte man aus Sicht von Dassault Systèmes bei der Umsetzung einer unternehmensweiten Digitalisierung achten?
Dr. Barbara Holtz: Einer der wichtigsten Aspekte ist es, bereits im Vorfeld eine kohärente Vision vor Augen zu haben, hinter der das gesamte Unternehmen steht. Digitalisierung bedeutet nicht, dass Menschen wie vorher arbeiten, aber Software anstelle von Papier nutzen. Sie bedeutet, dass Menschen sich und ihre Arbeit hinterfragen, anpassen und optimieren.
Dieser Prozess benötigt strategisches Change-Management, um alle Beteiligten abzuholen und die Akzeptanz zu erhöhen. Während dem Wandel muss man sich immer am eigenen Geschäft orientieren, denn Digitalisierung soll die Arbeit unterstützen. Manchmal ist es deshalb ratsam, mit kleineren Schritten zu starten und zu prüfen, an welchen Stellen sich Digitalisierung lohnt. Daraus lassen sich gute erste Erfolgsstories kreieren.
Inwiefern unterstützt Dassault Systèmes seine Kunden aus der Prozessindustrie bei einer umfassenden Umsetzung einer digitalen Fabrik und dem Austausch von Echtzeit-Informationen?
Dr. Barbara Holtz: In erster Linie ist Dassault Systèmes ein Softwareanbieter. Im Prozess der digitalen Transformation ist Dassault Systèmes allerdings nicht nur der Technologielieferant, sondern gleichzeitig ein Partner, der Unternehmen Schritt für Schritt durch den Change-Prozess begleitet und eine gemeinsame Roadmap entwickelt – von der Vision bis zur Umsetzung. Dabei gilt es, sukzessive gemeinsam zu analysieren, welche Prozesse angepasst werden müssen und wie die Umsetzung zum Erfolg führt. Hierfür bieten wir eine große Bandbreite an Lösungen für den kompletten Lebenszyklus von Anlagen – von der 3DExperience-Plattform, die eine harmonisierte Datenbasis für alle Projektbeteiligten bildet, über spezifische Modelle und Simulationen bis hin zu Predictive Maintenance.
Datenbasierte Technologien, wie zum Beispiel Exalead, können die Fehleranalyse unter realen Bedingungen unterstützen. Können Sie uns hierzu ein Beispiel geben?
Dr. Barbara Holtz: Wie mit Hilfe digitaler Lösungen Prozesse erfolgreich optimiert werden können, zeigt das Beispiel von McDermott.McDermott ist ein führender Anbieter von Engineering- und Konstruktionslösungen für die Energieindustrie und realisiert Projekte wie Ölplattformen. Durch den Einsatz der Softwarelösung Exalead auf der 3DExperience-Plattform ist McDermott in der Lage, große Datenmengen zu analysieren, diese verständlich aufzubereiten, Projektintelligenz in Echtzeit zu liefern, die Projektplanung zu verbessern und auftretende Probleme sowie Fehler schneller zu lösen.
Auf der 3DExperience-Plattform gibt es Branchenlösungen. Welche würden Sie Kunden aus der prozesstechnischen und verfahrenstechnischen Industrie ans Herz legen, um die Herausforderungen der digitalen Transformation zu bewältigen?
Dr. Barbara Holtz: Jede Industrie besitzt spezifische Prozesse, für die wir mit unseren Branchenlösungen passgenaue Software zur Verfügung stellen. Die optimale Basis für Anlagenbauer ist die sogenannte Capital Facility Information Excellence-Lösung: Sie schafft die Grundlage, damit Ingenieure mithilfe von Echtzeit-Informationen einen Überblick über jede Phase des Anlagenlebenszyklus haben. Auf Basis großer Datenmengen aus unterschiedlichen Quellen lassen sich mit der Lösung Anlagen planen, Impact Assessments sowie Risikoanalysen durchführen. Mit unserer Process-Analytics-Lösung kann darüber hinaus die Qualität der Prozesse sichergestellt werden.
Was wäre Ihr kurzer Leitfaden für die Umsetzung der digitalen Transformation und den Austausch von Echtzeit-Informationen in der pharmazeutischen, prozesstechnischen und verfahrenstechnischen Industrie?
Dr. Barbara Holtz: Damit der digitale Wandel erfolgreich ist, müssen sich Unternehmen nacheinander drei grundlegende Fragen stellen: Warum suche ich eine digitale Lösung? Hier geht es darum, die Vision und die Ziele zu definieren, die das Unternehmen erreichen möchte. Was möchte ich ändern? Firmen muss klar sein, welche Business-Prozesse sie verändern möchten und an welchen Stellen Technologien zum Einsatz kommen sollen. Wie sieht meine Welt morgen aus? An dieser Stelle geht es um die tatsächliche Integration der Software sowie deren Handhabung. Viele Unternehmen starten direkt bei der Frage nach dem wie, allerdings lassen sich Digitalisierungsstrategien nur dann erfolgreich umsetzen, wenn von Beginn an klar ist, warum ein Wandel stattfinden soll.
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Über die Autorin: Dr. Barbara Holtz ist Industry Business Consultant bei Dassault Systèmes und hat langjährige Erfahrung in den Bereichen Prozessindustrie und -optimierung sowie Pharmaceuticals.
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