Digitaler Zwilling ermöglicht innovative Flexibilität

digitaler ZwillingQuelle: Aveva

In der Spezialchemie geht es vor allem um Innovation und Forschung. Ziel ist es, Produkten bestmögliche Eigenschaften zu verleihen. Um dies als Unternehmen leisten zu können, müssen auch die Anlagen mit der Zeit gehen. Eine der Lösungen ist hier der digitale Zwilling.

Von Spezialchemie hat so manch einer noch nie gehört, dennoch ziehen viele Menschen täglich Nutzen aus diesem Bereich der chemischen Industrie. Ob in Autoreifen, Matratzen oder Tabletten – Spezialchemie steckt in vielen Endprodukten. Der Begriff selbst ist trotz allem nicht eindeutig definiert. In der Regel handelt es sich um chemische Produkte, bei denen die Wirkung im Vordergrund steht. Zentrales Merkmal der Spezialchemie ist, dass ihre Produkte schon beim Einsatz kleiner Mengen eine große Wirkung in Produkten oder Prozessen zeigen. So tragen etwa Öladditive in Hochleistungsschmierstoffen dazu bei, den Energieverbrauch von Maschinen und Fahrzeugen zu senken. Pharmazeutische Hilfsstoffe wiederum ermöglichen eine kontrollierte Wirkstofffreisetzung in Medikamenten. Ein digitaler Zwilling kann in diesem Umfeld effizient eingesetzt werden.

Die Ansprüche von Kunden an das (eigene) Produkt und an Innovationen steigen kontinuierlich. Forschung, Entwicklung und Spezialisierung sind in der Spezialchemie daher mehr denn je gefragt. Bei der Optimierung von Produkten nehmen sie eine entscheidende Position ein. Häufig werden in einer Industrieanlage parallel mehrere Produkte für unterschiedliche Anwendungen hergestellt. Teilweise unterscheiden sich Herstellungsprozesse kundenspezifisch nur gering in der Zusammensetzung. Um dabei bestmögliche Ergebnisse erzielen zu können, bieten sich für die Anlagen digitale Technologien und neue Arbeitsmethoden an. Vor allem, wenn ein Unternehmen an verschiedenen Standorten arbeitet.

Digitaler Zwilling: so wichtig wie nie

Mit Cloud- sowie interaktiven 3-D-Visualisierungs- und Simulationslösungen wird den Prozessen in einer Industrieanlage der Spiegel vorgehalten. Alle Informationen des gesamten Systems werden an einem Ort gesammelt und gespeichert. Diese Daten bilden die Grundlage für einen digitalen Zwilling. Im weitesten Sinne ist ein digitaler Zwilling die virtuelle Echtzeitdarstellung einer physischen Anlage. Durch die Visualisierung in ihrer Gesamtheit vermittelt er ein Verständnis für den Zustand der Anlage und ihre Fähigkeit, auf Veränderungen zu reagieren. Werden solche Anlagendaten mit zusätzlichen Methoden kombiniert – etwa durch die Verwendung von künstlicher Intelligenz und maschinellem Lernen –, kann dies zusätzlich zur Wertschöpfung im Geschäftsbetrieb beitragen. Verbessern lassen sich so die Transparenz, Zusammenarbeit wie auch die Entscheidungsfindung.

Um Mitarbeitenden verschiedener Standorte tiefgreifende Projektinformationen bereitstellen zu können, lassen sich die Daten teilen. (Quelle: Aveva)

Der digitale Zwilling bildet die Echtzeitinformationen aller beteiligten Prozesse ab und kann damit einen tiefen Einblick in die Effizienz geben sowie die Automatisierung beschleunigen. In der Industrie werden digitale Zwillinge auch eingesetzt, um neue Anlagen und Prozesse virtuell zu testen, Mitarbeitende zu schulen oder den laufenden Betrieb zu optimieren. Durch rationalisierte Prozesse lassen sich wichtige geschäftliche Anforderungen erfüllen wie Effizienz, Nachhaltigkeit, Einhaltung von Budgets bei der Durchführung von Kapitalprojekten oder die Erstellung und Pflege vertrauenswürdiger technischer Daten. So wird ein unternehmensinternes Datennetzwerk aufgebaut, das die Produktivitätssteigerung vorantreibt.

Der wichtigste Aspekt des digitalen Zwillings, der eine transparente, datenbasierte Kommunikation ermöglicht, ist die kontinuierliche, ständig aktualisierte Datenerhebung. Die Informationen werden in einer Datenbank gesammelt, und die digitale Kopie der Anlage wird in Echtzeit konfiguriert.

Interaktive Anpassungsmöglichkeiten

Ein weiterer Vorteil, den der digitale Zwilling bietet, ist die innovative Flexibilität. Die Anpassung eines neuen Produkts ist mit zahlreichen Herausforderungen verbunden, von denen viele erst in der Testphase sichtbar werden. Mit einem digitalen Zwilling können Benutzer die Abläufe eines Projektes virtuell durchlaufen, bevor es physisch erstellt wird. Dieser Prozess gestattet es, Fehler im Voraus zu erkennen und zu vermeiden. Das führt zu geringeren Kosten, weniger Nacharbeiten und reduziertem Ressourcenverbrauch. Bei der Arbeit mit Spezialchemikalien lassen sich zudem die Projektrisiken senken. Eine 3-D-Visualisierung reduziert folglich den Zeit- und Arbeitsaufwand für den Austausch detaillierter technischer Daten und beschleunigt die Spezialisierung und Markteinführung. Außerdem kann der digitale Zwilling bestehende Anlagen replizieren, Produktionslinien optimieren und Effizienzgewinne erzielen helfen. Solche organisatorischen digitalen Zwillinge, die auf die gesamte Geschäftstätigkeit eines Unternehmens ausgedehnt werden, optimieren die Ergebnisse auf höherer Geschäftsebene.

In der Industrie werden digitale Zwillinge auch dafür eingesetzt, neue Anlagen und Prozesse digital zu testen, den laufenden Betrieb zu optimieren und Mitarbeitende zu schulen. (Quelle: Aveva)

Standortübergreifend kommunizieren

Als weltweit agierendes Unternehmen ist es für Evonik essenziell, dass alle Standorte und Industrieanlagen eine einheitliche Datenbasis aufweisen. Um eine internationale Kommunikation aller Anlagen und Angestellten zu ermöglichen, setzt Evonik den digitalen Zwilling ein. So werden organisatorische Silos überwunden, und Mitarbeiter an entfernten Standorten erhalten eine vernetzte Ansicht von Projekt- und Anlageninformationen. Insgesamt profitieren die Teams von einer hocheffizienten Unterstützung bei der Entscheidungsfindung durch eine virtuelle Echtzeitdarstellung. Evonik begleitet der digitale Zwilling heute als Strukturmodell der Industrieanlage von der Prozesssimulation über Ausführungen bis hin zu Planungen. Integriert wurde er in anderthalb Monaten. Mit Echtzeitdatenvisualisierungen konnte das Unternehmen die Kosten bisher um 4 Millionen US-Dollar reduzieren.

In einem zunehmend wettbewerbsintensiven globalen Markt müssen Hersteller neue Wege finden, um sich vom Wettbewerb abheben und mit den Kundenanforderungen Schritt halten zu können. Digitale Zwillinge können nicht nur die Produktentwicklung beschleunigen, sondern auch Ressourcen einsparen und die Risiken bei der Arbeit mit Chemikalien mindern. Außerdem können sie Unternehmen in der internationalen datenbasierenden Kommunikation unterstützen. Digitale Zwillinge spielen eine zentrale Rolle, wenn es darum geht, Möglichkeiten zur Freisetzung von geschäftlichem Einfallsreichtum und Spezialisierung von Produkten aufzudecken. Für die Spezialchemie ist dies besonders wichtig, da sie sich mit Fragen der Zukunft auseinandersetzt.

Autor: Evgeny Fedotov, Senior Vice President und Head of EMEA bei Aveva

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