05.08.2022 – Kategorie: Produktion

Biobasierte Materialien: Können sie erdölbasierte Polymere ersetzen?

Quelle: Hochschule Kaiserslautern

Im Rahmen des Projekts mit dem Titel „Waste2BioComp“ entwickeln Forschende biobasierte Materialien als Ersatz für erdölbasierte Polymere.

  • Forschende an der Hochschule Kaiserslautern entwickeln biobasierte Materialien als Ersatz für erdölbasierte Polymere.
  • Mit neuartigen Prozessmethoden wollen sie neue, nachhaltige Produkte herstellen.
  • Dabei sollen Reststoffe aus dem Agrarbereich oder dem chemischen Recycling umgewandelt werden.

Ein großes EU-Forschungsprojekt ist gerade am Standort Pirmasens angelaufen. Das Projekt mit dem Titel „Waste2BioComp“ umfasst ein gesamtes Fördervolumen von rund 6 Millionen Euro. Davon entfällt fast 1 Million Euro auf die Hochschule Kaiserslautern. An dem Projekt sind 13 Partner aus sechs EU-Staaten beteiligt. Prof. Dr. Gregor Grun will mit seiner Forschung polymere Werkstoffe nachhaltiger gestalten und ihren CO2-Fußabdruck verringern. So erklärt er auch den Namen des Projekts „Waste2BioComp“: „Es sollen Reststoffe (Waste), zum Beispiel Agrarreststoffe oder Reststoffe aus dem chemischen Recycling, in biobasierte Materialien (to Bio) umgewandelt werden. Dabei werden Composites (Comp) als Werkstoffe verstanden, die auf den biobasierten Polymeren und zusätzlichen Additiven aufgebaut sind.“

Die Forschenden in Pirmasens – neben Grun sind das Prof. Dr. Sergiy Grishchuk, Prof. Dr. Jörg Sebastian und Dr. Michael Lakatos – beschäftigen sich mit der chemischen und biotechnologischen Synthese von biobasierten und bioabbaubaren Polyhydroxyalkanoaten (PHA). Dabei handelt es sich um natürlich vorkommende wasserunlösliche bioabbaubare Biopolyester, die von vielen Bakterien als Reservestoffe für Kohlenstoff und Energie gebildet werden.

Kristalline Kunststoffe mit elastomeren Eigenschaften

Durch gezielte Synthesen sollen sich elastomere Eigenschaften der ansonsten kristallinen Kunststoffe erzeugen lassen, um sie in verschiedenen Produkten wie Schuhsohlen, OP-Masken sowie Verpackungen einsetzen zu können. Dabei werden die entstehenden Materialien, die Produkte und neu zu entwickelnden Fertigungstechnologien bis zum Recycling mit Nachhaltigkeitsanalysen beurteilt und ihre Umweltverträglichkeit optimiert.

Deshalb ist es eine Aufgabe des im EU-Horizon-Forschungsprogramm platzierten Projekts Waste2BioComp, die Produktion von biobasierten Produkten und Materialien am Beispiel von drei Wertschöpfungsketten – Schuhkomponenten, Textilien für die persönliche Schutzausrüstung und Verpackungsfolien – in relevantem Umfang zu demonstrieren. Somit soll zum einen die Herstellung von biologisch abbaubaren Materialien mit niedrigem ökologischem Fußabdruck entwickelt und zum anderen innovative Produktionsverfahren zu deren Verarbeitung geschaffen werden. Dabei können sich zukünftig nachhaltige Alternativen zu herkömmlichen erdölbasierten Produkte etablieren.

Im Rahmen des Projektes lassen sich spezielle Verfahren entwickeln, zum Beispiel Tintenstrahldrucker, die mit neuen biobasierten Tinten Textilien und Leder bedrucken. Mit Elektrospinning werden feinste bioabbaubare Fasern aus PHA hergestellt und mit chemischen Schäumverfahren, die unbedenkliche Treibmittel verwenden, entstehen Schäume für Schuhsohlen. „Alle Verfahren“, so Grun, „sind mehr oder weniger Neuland.“

Biobasierte Materialien noch teurer als Erdölprodukte

Noch sind Biopolymere grundsätzlich teurer als Erdölprodukte, denn letztere sind derzeit übliche Massenprodukte. Die Projektteilnehmer von Waste2BioComp setzen sich zudem als weiteres Ziel, die derzeit üblichen Kosten für die Herstellung von PHA um 15 Prozent zu senken. Im Kostenvergleich hilft, dass Elastomere aus fossilen Rohstoffen in einem höheren Preissegment angesiedelt sind als die viel verwendeten und bekannten Thermoplaste wie Polyethylen (PE) und Polypropylen (PP).

Nicht zuletzt wird das Projekt Schulungsmaßnahmen anbieten, um eigene Absolventen sowie Mitarbeitende aus der Industrie für die Herstellung von Biomaterialien zu qualifizieren.

Auch der Präsident der Hochschule Kaiserslautern, Prof. Dr.-Ing. Hans-Joachim Schmidt, freut sich mit dem Projektteam: „Es ist ein ausgesprochen großer Erfolg, dass wir mit Waste2BioComp zum zweiten Mal nach BioMat ein umfangreiches EU-Forschungsvorhaben gewinnen konnten.“ Und er betont: „Auf dem Weg, Rheinland-Pfalz zu einem führenden Standort in der Biotechnologie zu machen, leisten wir mit unserer Forschung einen bedeutenden Beitrag.“

Bild oben: Die Forschenden in Pirmasens (v.l.n.r.): Prof. Dr. rer. nat. Jörg Sebastian, Prof. Dr. Sergiy Grishchuk, Wael Almustafa; Prof. Dr. Gregor Grun; Dr. Jessica Weyer. Mit zum Team gehören noch Felix Harion und Dr. rer. nat. Michael Lakatos (Foto: HSKL)

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