12.03.2021 – Kategorie: Digitalisierung
Beschaffungsprozesse – derzeit geprägt von ungenutztem Potenzial und Corona-Krise

Unternehmen betrachten ihre Beschaffungsprozesse zunehmend strategisch, schöpfen aber die Möglichkeiten nicht aus. Eine neue Studie von Jaggaer und IPG Group hat jetzt den digitalen Fortschritt und das sich daraus Potenzial dokumentiert. Außerdem wurden die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie untersucht.
- Eine neue Studie von Jaggaer und IPG Group zeigt, dass 70 Prozent der befragten Unternehmen mit der Digitalisierung ihrer Beschaffungsprozesse begonnen haben.
- 55 Prozent der Unternehmen haben bereits alle wichtigen Geschäftsvorgänge digitalisiert, aber nur zwei Prozent nutzen Analysen zur Vorhersage des Bedarfs.
Eine neue Studie der Schweizer Innovationsberatung IPG Group und dem Source-to-Pay-Anbieter Jaggaer belegt, dass Unternehmen ihr Beschaffungsmanagement zunehmend strategisch ausrichten und der Digitalisierungsgrad zunimmt. Gleichzeitig zeigt die Untersuchung, dass nur wenige Unternehmen die Möglichkeiten wie Simulationen und Prognosen nutzen. Von den 290 befragten Chief Procurement Officers (CPOs) und Einkaufsleitern in Unternehmen verschiedener Größe und Branchen geben 70 Prozent an, mit der Digitalisierung ihrer Beschaffungsprozesse begonnen zu haben. 55 Prozent der Unternehmen haben bereits alle wichtigen Geschäftsvorgänge digitalisiert, aber nur zwei Prozent nutzen Analysen zur Vorhersage des Bedarfs.
Procurement Performance Excellence: Ganzheitliche Bewertung der Beschaffungsprozesse
Die Umfrage zu Procurement Performance Excellence (PPE) wurde zwischen Juli und Oktober 2020 durchgeführt. PPE ist eine Methode zur ganzheitlichen Bewertung von Beschaffung und Wertschöpfung, die in den frühen 2000er Jahren von IPG entwickelt und regelmäßig an neue Standards in der Beschaffung angepasst wurde. Der bewährte Ansatz umfasst sieben Hauptthemen: Beschaffungsstrategien und -ziele, Beschaffungsprozesse, -organisation und Qualifikation, Lieferanten- und Technologiemanagement sowie fortschrittliche Beschaffungs- und Lieferkettenlösungen. 2016 hatte IPG Group eine vergleichbare Umfrage durchgeführt, was eine Analyse der Entwicklung der vergangenen vier Jahre ermöglicht.
„Das erfreulichste Ergebnis der Studie ist, dass die Beschaffung strategischer angesehen wird als noch vor vier Jahren. Einkaufsleiter sind in der Hierarchie aufgestiegen. Das gibt der Beschaffung die notwendige Sichtbarkeit und die Nähe zu Führungskräften mit Stakeholder-Funktionen, um Veränderungen, Investitionen und Projektförderung voranzutreiben“, erklärt Thomas Dieringer, President EMEA bei Jaggaer.
Einfluss der Corona-Pandemie auf die Beschaffungsprozesse
Auch der Einfluss der Corona-Pandemie auf das Beschaffungsmanagement wird in der Umfrage deutlich. Zum Beispiel hat sich die Anzahl der Hauptzulieferer, die 80 Prozent des Bestellvolumens ausmachen, seit 2016 um 1,5 Prozent auf neun Prozent erhöht. Der Zugriff auf mehr Hauptzulieferer soll Lieferengpässen entgegenwirken und für mehr Flexibilität sorgen. Jedoch ist eine enge Zusammenarbeit mit einer großen Lieferantenanzahl auf Dauer kaum möglich.
Auch die durchschnittliche Zahl der Hauptzulieferer, die von je einem strategischen Einkäufer betreut werden, ist gestiegen. Während es 2016 durchschnittlich sechs Hauptzulieferer waren, sind es 2020 sechzehn pro Einkäufer. „Dies scheint ein Covid-19 geschuldeter Ausreißer zu sein, da diese Anzahl langfristig kritisch ist”, kommentiert Carsten Vollrath, Gründer der IPG Group.
Geringe Kostenreduktion bei der Beschaffung
54,2 Prozent der Befragten verzeichnen eine Kostenreduktion. Jedoch bleibt diese gering und hat im Verhältnis zu 2016 prozentual stark abgenommen. Während die Studienteilnehmer 2016 eine durchschnittliche Kostenreduktion von 1,4 Prozent bei der Beschaffung verzeichneten, liegt der Durchschnitt 2020 bei 0,2 Prozent. Ein Grund sind die Störungen in der Lieferkette durch die Corona-Pandemie. Die Kostenreduktion verlor gegenüber dem Sicherstellen der Versorgung ihren Stellenwert. Zudem sind in zahlreichen Unternehmen Schritte über die Verhandlung mit Lieferanten hinaus notwendig, um die Kosten weiter zu senken, zum Beispiel vernetzte Zusammenarbeit und mehr Transparenz innerhalb der verschiedenen Unternehmenseinheiten.

„Natürlich war 2020 durch Covid-19 ein außergewöhnliches Jahr. Die Unternehmen waren gezwungen, Störungen in der Lieferkette entgegenzuwirken und ihren Beschaffungsprozess sicherzustellen, um die Krise zu überstehen. Zudem stellte die Pandemie sie vor die Herausforderung, ihre Arbeitsprozesse neu zu organisieren, zum Beispiel indem sie Homeoffice und den papierlosen Dokumentenaustausch sicherstellten”, berichtet Vollrath.
Reifegrad der Beschaffungssysteme ist verbesserungswürdig
Die Studie zeigt, dass die Beschaffungssysteme der Befragten im Vergleich zu aktuellen Standards unterdurchschnittlich ausgereift sind. „Der Reifegrad der Beschaffungssysteme ist auf Digitalisierung und Informationserhebung begrenzt – tiefgreifende Analysen, die für höhere Effizienz sorgen, haben sich noch nicht durchgesetzt”, sagt Michael Rösch, SVP Customer Engagement Europe bei Jaggaer. So haben drei Viertel der Teilnehmenden mit der Digitalisierung standardisierter Beschaffungsprozesse begonnen.

Bei den 290 teilnehmenden Unternehmen arbeiten durchschnittlich 125 Beschäftigte in Bereichen der Beschaffung, die Routineaufgaben umfassen. Diese Routineaufgaben bieten Potential für Digitalisierung und Automatisierung, um Unternehmensprozesse zu optimieren und Angestellte zu entlasten. „Nur 17 Prozent der 290 befragten Unternehmen führen Simulationen durch und geringe 2 Prozent Vorhersageanalysen. Wir erwarten einen signifikanten Anstieg, weil Vorhersagen, vor dem Hintergrund zunehmender Marktturbulenzen, essenziell für erfolgreiche Beschaffung sind”, sagt Rösch.
Die Studie steht auf der Jaggaer-Webseite kostenfrei zum Download zur Verfügung. Die Erkenntnisse der Studie werden am 16. März 2021 in einem Webinar präsentiert.
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